Setzen, nicht bestanden!


Sebastian Kurz fordert von der italienischen Regierung, dass ankommende Flüchtlinge nicht mehr auf das Festland gebracht werden sollen und auf den Inseln, wie bespielsweise auf Lampedusa, verbleiben sollen. Die Idee dabei ist, das Einsickern der Flüchtlinge und Asylwerber nach Zentraleuropa, vornehmlich nach Österreich und Deutschland, zu verhindern. Prompt wurde er durch den italienischen Außenminister zurechtgewiesen, der meinte, Kurz´sche Rethorik sei dem Wahlkampf in Österreich zuzuschreiben. Genaugenommen ist diese Entgegnung eine sehr sanfte diplomatische Formulierung. Der Bürgermeister von Lampedusa wurde da schon deutlicher und bezeichnete Kurz´ Ansichten als neonazistisch und eines europäischen Politikers unwürdig. Das ist eine klare Sprache, vielleicht auch etwas zu hart formuliert, aber angesichts der Belastungen, die dieser Bürgermeister ausgesetzt ist, verständlich.


Kurz versucht mit Außenpolitik im eigenen Land Innenpolitik und ganz konkret Wahlkampf zu machen. Das ist höchst unseriös, denn diese Politik verletzt das Ansehen unseres Landes und streng genommen ist es eigentlich auch eine Form des Amtsmissbrauchs. Dazu muß man wissen, auf Lampedusa landen seit vielen Jahren - seit fast 10 Jahren - Flüchtlinge, die das Abenteuer der Seeflucht von Afrika´s Küsten nach Europa angetreten haben. Tausende haben dabei einen sehr hohen Preis dafür bezahlt, sie haben ihr Leben verloren. Allein heuer sind mehr als 90.000 Menschen diesen "Weg gegangen" und auf Italiens Inseln gelandet, rund 5.000 allein auf Lampedusa. Hätten alle diese Menschen, die bisher auf dieser Insel gestrandet sind, dort bleiben müssen, wäre Lampedusa mit hunderttausenden Menschen heillos überbevölkert und es müssten die 4.500 einheimischen Inselbewohner von der Insel flüchten. Dazu muss man wissen, die Insel ist flächenmäßig annähernd so groß wie der Wiener Gemeindebezirk Simmering.


Auf den Punkt gebracht ist seine Forderung, wie Italien mit seinen Flüchtlingen zu verfahren hat, eine unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines benachbarten Staates. Es ist genauso absurd, als wollte Italien von uns fordern, wir sollten alle Asylberechtigten am Wörtersee ansiedeln. Dazu kommt, dass seine Forderung keinen nachvollziehbaren Hintergrund besitzt, wonach Österreich befürchten müsste, dass diese Flüchtlinge jemals das österreichische Sozialsystem belasten würden. Das möchte er ja damit der heimischen Bevölkerung suggerieren, er sei der Hüter der heimischen Sozialtöpfe, die Wahrheit ist aber, er möchte dieses Sozialsystem lieber heute als morgen vollständig abschaffen, auch für die heimische Bevölkerung. Fakt ist, nach den Schengen-Regeln ist jenes Land für das Asylverfahren zuständig, in welchem die Flüchtlinge erstmals EU-Boden betreten haben. Und das ist nun einmal Italien. Wenn also tatsächlich illegal Asylwerber nach Österreich oder Deutschland zuwandern wollten, so erhielten sie hier kein Asylverfahren und würden nach Italien zurückgestellt. Es ist also eine rethorische Nullnummer, aber im Wahlkampf wirkt sie.


Dass der Außenminister die Flüchtlingsproblematik für seinen Wahlkampf benützt ist schon mehr als unseriös. Dass er aber dann noch einen inzenierten Konflikt mit einem befreundeten Nachbarstaat als Außenminister anzettelt ist jedoch extrem fahrlässig. Denn, dass man sich nicht in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischt, wird auf der Diplomatenschule im ersten Semester gelehrt. Es gilt die Regel: Im diplomatischen Umgang ist immer das gelindeste Mittel anzuwenden und nicht wie Kurz es macht, das radikalste.

Herr Kurz hat Diplomatie nicht gelernt. Also, Herr Außenminister setzen Sie sich, Prüfung nicht bestanden.